FALLBEISPIEL SCHULD-TRAUMA Fritz, etwa 55 Jahre, kommt seit ca. 10 Jahren immer wieder zur Beratung. Er wirkt nervös, fahrig, kommt meist zu spät und entschuldigt sich dann umständlich. Eine Ehe ist getrennt, die aktuelle Beziehung ist gefährdet. Er hat Schulden, Probleme im Beruf.
Fritz hatte eine Mutter die ihn körperlich und seelisch schwer verletzte. Mit 15 Jahren hatte er sich zum ersten Mal gewehrt und ihr seine Meinung gesagt. Ihre Reaktion: dann habe ich ja auf ganzer Linie versagt! Kurze Zeit später starb sie plötzlich an einem Herzinfarkt. Verständlich dass Fritz unter heftigen Schuldgefühlen leidet. Das Schwere seines Lebens kann auch verstanden werden als unbewusste Sühne für eine „Schuld“, die er sich selber zuschreibt, solange er mit seiner Mutter und deren Sichtweise identifiziert ist.
Fritz hat bereits zweimal seine Beziehung zu seiner Mutter aufgestellt. Jedes mal wurde eine massive symbiotische Verschmelzung deutlich, die sich nur schwer lösen ließ. Jetzt kommt er erneut zur Beratung.
Durch eine Aufstellung soll überprüft werden, was der Grund für seine Schuldgefühle ist.
AUFSTELLUNG Therapeut: „Es gibt einen erwachsenen Teil von dir, der sich, trotz Mutters Tod, unschuldig fühlt und unbeschwert, und der Erfolg in der Arbeit haben kann und eine gute Beziehung.Aber offensichtlich gibt es in dir ein "Blockierendes element, dass deine Verbindung zu diesem Fritz verhindert.“ Fritz schaut ungläubig, diesen Teil von sich kennt er nicht. Fritz stellt das Blockierende Element, repräsentiert durch einen Hocker, in die Mitte des Raumes, sein kindliches Selbst direkt daneben, sein erwachsenes Selbst abgewandt in 3 Meter Entfernung. Dies Bild macht sein Lebensgefühl deutlich. „Können wir uns darauf einigen, dass das Blockierende Element - was auch immer sich hinter ihm versteckt - Hier und Heute nicht zu deiner Identität gehört?“ TRAUMA ALS INTROJEKT Fritz zögert, offensichtlich ist er dies Blockierende Element so gewohnt, als wäre er mit ihm identifiziert. „Was würde der gesunde Menschenverstand dazu sagen?“ Als Fritz immer noch zögert, schlägt der Therapeut als Experiment vor, das Blockierende Element aus seinem Raum herauszustellen. Fritz folgt dem Vorschlag und spürt Erleichterung. Als nächstes testet er den Platz des Blockierenden Elementes. Da tauchen die Gefühle auf: Alleinsein, Verzweiflung, Schuld, Todeswünsche. Diese Gefühl gehören zu dem Trauma des 15--jährigen Fritz, als seine Mutter plötzlich starb, nach seiner ersten Auseinandersetzung mit ihr. Diesen Platz kennt er, das TRauma ist ihm vertraut, so als sei es heute noch präsent und wirksam. Er ist bereit aus diesem Platz aus zusteigen und zurück in seinen Raum zu gehen und folgende „klärenden Sätze“ zu sprechen: „Du bist das Trauma von damals und ich bin ich, und ich bin vollständig auch ohne dich. Du liegst 30 Jahre zurück, ich lebe heute. Du bist eigentlich schon „mausetod“. Fritz atmet auf und spürt Erleichterung. ENTFERNEN DES TRAUMA-INTROJEKTS Als nächstes nimmt er noch einmal das Trauma in seinen Raum. Das ist ihm ja bekannt. Aber jetzt spürt er deutlich, das es hier und heute fremd ist und wie es ihn daran hindert er selber zu sein. Mit Überzeugung kann er jetzt den Hocker aus seinem Raum stellen und sagen: „bei allem Respekt, du gehörst nicht in einen Raum – und schon gar nicht an den Platz von meinem Selbst.“ Nun kann er die Gefühle von Schuld, Verzweiflung, Ohnmacht und Wut, die ihn bis heute begleitet haben, symbolisiert durch einen schweren Granitstein dem Trauma von damals zurück geben. Das ist wieder sehr erleichternd. ANNÄHERUNG AN DAS SELBST Nun nähert er sich seinem erwachsenen Selbst, „dem Fritz der trotz allem sich frei und unschuldig fühlt“. Fritz schaut skeptisch, so als kenne er diesen Teil gar nicht oder als sei dieser sogar gefährlich. Th.: „Deine Mutter hat diesen Teil von dir natürlich abgelehnt. Und nachdem Mutter nach der Auseinandersetzung gestorben ist, machst vielleicht du selber diesen Teil von dir für Mutters Tod verantwortlich?“ Fritz nickt. „Dann hättest du Mutters Sichtweise, ihre „Brille“ übernommen und siehst dein Selbst jetzt durch Mutters Brille?“ Fritz ist bereit, symbolisch „Mutters Brille“ abzulegen, und nun erscheint ihm sein Selbst zwar fremd aber doch anziehend. Und statt sich mit dem Trauma zu identifizieren, kann er jetzt „probe-verschmelzen“ mit seinem "nicht-domestizierten" Selbst. Er richtet sich auf, das ist neu. Th.: „Um die Verbindung zu verbessern, müsstest du genau unterscheiden zwischen dem was Fritz Heute ist und dem was nicht zum Fritz von Heute gehört, speziell gegenüber dem Trauma von damals!“ ABGRENZUNG Fritz ist dazu bereit. Th. vertritt das Trauma und kommt auf Fritz zu und Fritz stoppt ihn, zunächst noch halbherzig. Von Mal zu Mal wird seine Abgrenzung sicherer und entschiedener. Schließlich stoppt er das Trauma mit einem Löwenschrei, um sein Territorium zu schützen, wie ein Löwe. Nachdem er so seinen Raum „befreit“ hat, spürt er eine bessere Verbindung zu seinem unbeschwerten Selbst. GEGENABGRENZUNG Da sich Fritz im „Raum“ des Traumas noch zuhause gefühlt hat, erlebt er jetzt, dass dieser Raum nicht zu seiner Identität Hier und Heute gehört, indem der Th. ihn an der Grenze stoppt. „Das ist nicht Fritz, das hat mit dir hier und heute nichts zu tun!“ Fritz braucht diese körperliche Erfahrung dreimal, bis er das glaubt. Danach spürt er eine bessere Verbindung zu seinem Selbst – und mehr Distanz zu dem Trauma von damals. ABSCHIED VON DER MUTTER Th.: „Mit dem Trauma hast du auch deine Mutter festgehalten, dabei ist es für sie schon 30 Jahre vorbei und sie könnte schon längst ihren Frieden gefunden haben! Meinst du, du kannst sie jetzt loslassen?“ Fritz ist bereit, sie mit folgenden Worten zu verabschieden: Für dich ist es schon lange vorbei, ich muss dich nicht mehr durch meine Schuldgefühle festhalten! Du darfst jetzt dahin gehen, wo du deinen Frieden findest! Th.: „Ich könnte mir vorstellen, dass deine Mutter dir – trotz aller Verletzungen – ihren Segen geben könnte. Wäre das stimmig für dich?“ Fanz ist sehr berührt und nickt. Th. gibt Fritz stellvertretend für die Mutter den Segen: „Lebe dein Leben, lebe deine Kraft, lebe deine Liebe, du bist frei!“ Die Schamanentrommel begleitet die Mutter ins Licht, Fritz – sehr berührt – spürt, wie sie „ins Licht geht“ und gibt ein Zeichen, als sie dort angekommen ist.
SCHRITTE INS HIER UND JETZT Th.: „Das Schwere, was jetzt nicht mehr zu dir gehört, lässt du hinter dir, das was wirklich Fritz ist, nimmst du mit. Und dann gehst du 7 Schritte durch die Türe ins „Hier und Jetzt“, und die Türe zur Vergangenheit machst du hinter dir zu!“ Danach fühlt Fritz zum ersten Mal einen inneren Frieden.